DER KLEINE FÜHRER DURCH DIE
STIFTSKIRCHE „ST.MARIEN“
OBERNKIRCHEN
Ich möchte eine alte Kirche sein.
Ich möchte eine alte Kirche sein,
Voll Stille, Dämmerung und Kerzenschein.
Wenn du dann diese trüben Stunden hast,
gehst du hinein zu mir mit deiner Last.
Du senkst den Kopf, die große Tür fällt zu.
Nun sind wir alleine, ich und du.
Ich kühle dein Gesicht mit leisem Hauch,
ich hülle dich in meinen Frieden auch,
ich fange mit der Orgel an zu singen.
Nicht weinen, nicht die Hände heimlich ringen.
Hier hinten, wo die beiden Kerzen sind,
komm setz dich hin du liebes Menschenkind!
Ob Glück, ob Unglück, alles trägt sich schwer.
Du bist geborgen hier, was willst du mehr!
Manfred Hausmann
Liebe Besucherinnen,
liebe Besucher !
Sie stehen in der Evangelisch lutherischen Stiftskirche „St. Marien“ zu Obernkirchen. Vielleicht sind Sie von der Bergamtstraße aus durch die enge
Gasse auf den Kirchplatz gekommen, der seit der Neugestaltung 2004/05 ein
Schmuckstück unserer Stadt geworden ist. Dann haben Sie links die Gebäude des Ev. Damenstiftes Obernkirchen gesehen, das mit der Kirche eine architektonische Einheit bildet. Vielleicht hat Sie ihr Weg auch vom Marktplatz aus zwischen den Fachwerkhäusern hindurchgeführt. Immer haben die beiden Turmhauben und die Dächer unserer Kirche Sie schon von weitem begrüßt. Sie sind bis heute das
Wahrzeichen unserer Stadt, das auch im Wappen erscheint.
In jedem Fall haben Sie nun die Nordfassade der Kirche mit den fünf Giebeln über dem Seitenschiff vor sich. Sie verrät etwas von der Baugeschichte. Vor der jetzigen gotischen Hallenkirche gab es nämlich hier eine romanische Basilika, erbaut um das Jahr 12oo, von der noch Teile in der Turmhalle erhalten sind. Ein Baubericht des Bischofs von Minden beklagt um 133o den wohl durch einen Brand
herbeigeführten „status ruinosus“ der Kirche. Bald danach muss mit
dem Neubau begonnen worden, und zwar von Osten nach Westen.
Das kann man aus der Struktur der Steine schliessen. Sie sehen auf der linken Seite von der Höhe der jetzigen Sakristei an
glatte, behauene Quadersteine, auf der rechten Seite zunehmend Bruchsteine, die wohl verwendet wurden, als das Geld für den
Bau knapp wurde. Vielleicht bleiben Sie einen Augenblick vor dem linken Seitenportal stehen. Dort sehen Sie über dem Türbogen einen Stein, in den ein Kreuz mit einer kreisförmigen Begrenzung eingelassen ist. Um diesen Kreis zieht sich eine lateinische
Inschrift herum: „“Contra hoc signum nullum stet periculum.“ (Zu deutsch) „Gegen dieses Zeichen kann keine Gefahr bestehen.“ Wenn Sie nun zum rechten Seitenportal gehen, finden dort über dem Türbogen in einer Nische eine fragmentarische Christusfigur mit der Jahreszahl 1355.
Nun betreten Sie also die Kirche. Seit 2oo8 wird sie fortschreitend renoviert und im Innern umgestaltet. Wir bitten also um Ihr Verständnis, wenn einige Bereiche vorrübergehend nicht zugänglich sind. Weil sehr viel in Eigenleistung durch Ehrenamtliche des „Fördervereines Stiftskirche“ erfolgt, hat der Kirchenvorstand für die Renovierung einen Zeitplan bis 2017
aufgestellt. Ein Rundgang ist aber möglich. Wir betreten zunächst den großen Chor oder
Altarraum und haben vor uns einen spätgotischen vergoldeten Flügelaltar, der auf einer
reichverzierten steinernen Predella und einer romanischen „Mensa“ ruht. Ein Meisterwerk ungenannter Bildschnitzer und Steinmetzen aus einer niederländischen oder Hamburger Schule. Als Weihedatum ist für den Altar das Jahr 1496 überliefert. Kunstgeschichtler halten eher das Jahr 1516 als Entstehungsjahr für wahrscheinlich. Der etwa 4,50 m breite Altar zeigt im großen Mittelfeld die Kreuzigung Jesu und auf je 6 Tafeln links und rechts die Passion, die Grablegung und die Auferstehung. Mehr als 200 Figuren sind darauf lebendig dargestellt.
Wenn Sie „um den Altar“ gehen, finden Sie auf der Rückseite rechts oben das Bild der Maria mit Kind und Mann und links oben das Bild der Mutter der Maria Anna, dargestellt als lesende, also gebildete Frau mit drei Männern. Wenn Sie zur Wand schauen, haben Sie originale gotische Wandschränke vor sich, ganz rechts ein kleines vergittertes
Sakraments-Schränkchen mit Flügeln zum Zuklappen. Auf der linken Seite wurde 2008 ein Fenster wieder geöffnet, in dem im ausgehenden Mittelalter eine Marienstatue gestanden haben
soll.
Sie gehen nun wieder in den Chorraum und haben dabei ganze ca. 5o m lange Kirchenschiff vor Augen. Links oben sehen Sie die sog. „Stiftsprieche“, die zu dem seit 1167 bestehenden, heute evangelischen Damenstift gehört. Sie ist wie auch der Kreuzgang des Stiftes normalerweise von der Kirche aus nicht zugänglich.
Wir empfehlen Ihnen darum die Teilnahme an einer Stiftsführung, die von April an bis zum Herbst an jedem
Mittwoch- und Samstagnachmittag um 15.0o Uhr am großen Stiftstor beginnt.
Auskunft über Stift Obernkirchen, Bergamtstraße 12, Tel 05724 8450.
Schauen Sie nach rechts, sehen Sie am Ende des Chorraums die Kanzel aus dem 17. Jhd., die von der Gestalt des Moses getragen wird. Er trägt die
Tafeln mit den 1o Geboten ( in plattdeutscher Sprache) im Arm.
Gehen Sie nun den durch den Mittelgang zur Turmhalle der Kirche. Links steht (seit 2oo2) der barocke, schön verzierte Taufstein, ein wichtiges Werk aus dem Anfang des 17. Jhds. Sein neuer Standort soll zeigen, dass die Handlung der Taufe mitten in die zum Gottesdienst versammelte Gemeinde gehört.
Gehen Sie den Mittelgang weiter hinunter, so kommen Sie in die tiefer gelegene Turmhalle: Hier sind wir im ältesten Teil der Kirche, der erkennbar ist an den romanischen Bögen und Säulenkapitellen. Kunstvoll gearbeitet sind auch die überlebensgroßen Grabsteine links des Grafen Otto IV. (+ 1524) und der Olike von Rossingen (+1625) , rechts der Äbtissin S. von Meysenbugk. (1655- 1717) Einige Stufen führen von hier rechts in eine kleine Kapelle aus der Zeit der Basilika, die vor einiger Zeit als „Raum der Stille“ eingerichtet wurde und auch als Taufkapelle dient. Die Apostelkreuze an der Stirnwand und ein rotgetöntes Rundfenster nach Westen verraten das hohe Alter des Raumes.
Kehren Sie wieder zurück in den gotischen Teil der Kirche und gehen den linken Gang nach vorne.
Unter dem großen Gemälde wird zur Zeit eine Pilgerecke gestaltet. Sie wird die Pilger auf dem Sigwardsweg empfangen. Ein neuer Pilgerweg der von Minden nach Idensen und zurück führt. Ein Stück weiter am Weltkugelleuchter können Sie etwas Ruhe finden und wenn Sie mögen eine Kerze anzünden.
Am letzten Pfeiler finden Sie das Epitaph des Georg Tribbe
/1604-1665) vor sich, der Bürgermeister der Stadt
war, und der sich als Bildhauer weit über die
Stadt hinaus einen Namen gemacht hat. Die bereits
begonnene Restaurierung soll 2009 abgeschlossen
werden.
Wenn Sie die Kirche verlassen, sehen sie am Boden ( am
Aufgang zur Orgel) den großen Grabstein des „gewesenen
Burgemeisters auch herrschaftlichen Kohlenvogts und
Organisten“ Johann Conrad Tünnermann ( 1661 – 1736).
Die gotische Sakristei mit einer Säule in der Mitte wird z.Z.
umgestaltet. Schauen Sie gern einmal herein.
Wir sind Ihnen dankbar für eine Spende zur Erhaltung und
weiteren Renovierung unserer Stiftskirche. Dafür steht ein
Opferstock am Ausgang bereit. Am Schriftentisch finden Sie
eine Reihe von Bildern und Schriften.
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